Mittwoch, Juni 15, 2022

Der neue Ruderkopf

Ein neuer Ruderkopf ist sicher kein Luxus. Der alte hat dank liebevoller Zuwendung 19 Jahre gute Dienste geleistet, aber schön langsam ist das Sanieren zeitaufwendiger als ein Neubau. Ich begann wirklich zeitig ... zu Ostern ... mit dem Anfertigen der Schablonen, mit denen ich die Teile ratz-fatz zurichten wollte ... allein der Holzhändler meines Vertrauens murmelte etwas von "viel Arbeit ... vier Wochen Lieferzeit ...". Gottseidank hat er sich selbst übertroffen und schon nach ca. 2 Wochen geliefert, so konnten die Projekte "Decksanierung" und "Ruderkopf" schon 2 Wochen, nachdem ich mir eigentlich dafür eine Woche Urlaub genommen hatte, beginnen.

Neubau ist hier kein Luxus

Material und Schablonen

Materialstärken 16mm und 6mm

grob aussägen und mit der Kopierfräse endfertigen

ratz-fatz fertig, und mit hoher Genauigkeit

Beim Verleimen sollte man unten an der Achterkante einen mit Folie umwickelten Keil einsetzen, wenn man - so wie ich - alle Teile in einem Schritt verleimt, sonst presst man die hintere Öffnung zusammen und die geht nie wieder auf. Auch das Beschichten der Innenseiten mit Epoxid empfiehlt sich, später gibt's da keinen leichten Zugang mehr.

nicht den Keil vergessen!

Ich wurde schon oft gefragt, wie ich Schwert und Ruderblatt lagere ... hier nun das ganze Geheimnis:

Das Ruderblatt ist aus Edelstahl 4mm und hat eine Bohrung von 40mm (man sieht's im ersten Bild). Darin läuft eine Scheibe aus Edelstahl 6mm mit ebenfalls (annähernd) 40mm Außendurchmesser. Der Innendurchmesser beträgt 8mm. Dazu gibt es zwei Scheiben 25x2mm mit angeschweißten Rohrstücken 10x2mm, die so lange sind, daß sie von außen genau auf die Scheibe treffen. Durch alles wird ein Bolzen M8gesteckt und verschraubt. So kann ich recht kräftig verschrauben, ohne Gefahr zu laufen, das Ruderblatt zu quetschen oder unnötig Druck auf das Holz auszuüben. Es steht immer Metall auf Metall, nirgendwo läuft Metall auf Holz - was eine große Schwachstelle im Piraten ist.

das komplette Assembly

die Einzelteile ... sehr bewährte Konstruktion

Ein kleines, aber nicht unwichtiges Detail ist eine Verstärkung aus Edelstahl an der Stelle, wo beim Fieren des Ruderfalls das Ruder von unten an den Ruderkopf schlägt ... das schaut bei vielen KollegInnen ziemlich nach Baustelle aus ... Lack und Holz werden ausgeschlagen, das Holz wird naß, quillt, rottet ... nicht schön. An dieser Stelle hatte ich schon im alten Ruderkopf keine nennenswerten Probleme.

Schutz vor dem Ruderblatt

man muß es ja nicht bündig einstemmen

Auch hier wieder ... ein wunderschöner Moment, wenn die erste Lackschicht auf's Holz kommt. Natürlich wurden auch Pinne und Ausleger geschliffen und lackiert ... wenn schon denn schon ...


Lack die erste

schaut aus wie neu

Es is ein Jammer ... ständig liegen irgendwo irgendwelche Bändsel herum und verlangen nach einer sinnvollen Verwendung ihrer selbst ... also bitte ...

keine Ahnung ob das zu was gut ist ... jedenfalls zeigt es

daß der @_wanderboot_ einen Türkenbund binden kann

Mehr Bändsel ... und ein immer wieder angedachter Schutz gegen die zerstörerische Kraft der Schrauben des Pinnenauslegers entsteht. Früher gab das immer unschöne Schrammen, die alle 2-3 Jahre saniert werden wollten ... jetzt ist hoffentlich mal Ruhe im Schiff!

die Kleedings haben schon eine Funktion ...

sie verhindern unschöne Kratzer durch die Schrauben des Auslegers


 Und für alle, die es ganz genau wissen wollen ...

die ganze Einheit in Fusion 360

Hier ist der Link zum Download ... gutes Gelingen.

PS: Ruderblatt, Schwert und alle Scheiben wurden von einer kleinen Stahlbaufirma aus der Gegend mit CNC Maschinen geschnitten. Das ist weniger teuer als vermutet, wenn man warten kann, bis bei einem Auftrag  mal etwas ungenutzte Restfläche übrig bleibt ... nur so als Anregung für den Herbst ...


FLAME bekommt ein face lifting

Im Lauf der letzten Jahre haben sich im Deck einige Risse eingestellt, denen mit halbherzigem Schleifen und Streichen nicht beizukommen war. Auch die Scheuerleiste ist nach 19 Jahren nun doch schon etwas ramponiert. Also habe ich beschlossen, es heuer "wirklich" zu tun ... Scheuerleisten erneuern und das Deck ordentlich sanieren. Irgendwann im Mai war das Wetter dann gut genug, die Motivation groß genug ... ein zwei Wochenenden ... passt!

Die Scheuerleisten wurden beim Bau vor 19 Jahren mit Epoxid verklebt. Also habe ich jeweils vor und hinter den Schrauben Schlitze bis fast (!) zur Planke gesägt und sie schichtenweise abgestemmt. Das ging recht gut, es entstanden nur ganz wenige Kollateralschäden.

Die Scheuerleisten werden abgetragen

Die Zerstörung hält sich in Grenzen 

Hier sieht man schön, wie das Deck über die Jahre entlang der Maserung aufgerissen ist. Ich habe keine rechte Ahnung warum das passiert ist, Schleifen und streichen hat die letzten Jahre nicht verhindert, daß die Risse wieder gekommen sind.

Schäden im Deck

Deck und Seiten sind geschliffen

fertig zum verspachteln der Schäden, die durch das
Abtragen der Scheuerleisten entstanden sind


Abtragschäden mit Epoxid aufgefüllt

Ich habe zwei Versuche gebraucht, bis ich die richtige Menge Phenolharzkügelchen im Epoxid hatte, dick genug um die Mischung verspachteln zu können, dünn genug, um in die Risse einzudringen. Außerdem habe ich mit purem Epoxid vorgestrichen und ca. 1 Stunde bis zum Verspachteln gewartet.

Versuch gelungen, der Rest wird auch so gemacht

Die Sache mit der neuen Scheuerleiste erwies sich als viel zeitaufwendiger als gedacht ... 

  • Leisten schäften - jede Leiste besteht aus vier Segmenten, Schäftungen verschleifen
  • Außenkanten mit 5mm rund abfräsen
  • 42 mal
    • Löcher bohren
    • Löcher für Schraubenköpfe erweitern
    • Dübel schneiden

Zum Schäften hatte ich aus Bootsbauzeiten noch eine 1:10 Lehre, mit der ich schon den ersten Satz Leisten geschäftet hatte. Ich scheine aber verdrängt zu haben, daß die Leisten unbedingt mit Zwingen fixiert werden sollten ... halten mit der linken Hand, sägen rechts funktioniert definitiv nicht ... die Leiste verkantet und schießt unkontrolliert weg. Also bitte ... für Nachmacher: Zwingen und Handschuhe ... man kann es nicht oft genug sagen!

Leiste eingespannt zum Anbringen einer Schäftung 1:10

sauberer Schnitt
Kuriosum: der Preiszettel auf der Lehre ist noch in öS


Schäftung für BB und STB Leisten jeweils auf der "richtigen" Seite angebracht

Segmente 1-2, 3-4 gleichzeitig verklebt und in bewährter
Zig-Zag Manier verpresst

Fließbandarbeit Bolzen schneiden

Arbeitsvorbereitung ist alles ... in 20 Minuten war 's erledigt

Dünne (30x10mm) und lange (5.6m !) Eichenleisten und Stiegenhäuser vertragen sich nicht besonders gut. Deshalb hab ich meine zusammen gebunden und über das Dachfenster abgeseilt. Danach hab ich sie mit Nachbars Hilfe (danke Karl) bruchfrei zur Garage transportiert.

von der Werkstatt in die Werft

Ich habe nach Rücksprache mit dem Lackhersteller beschlossen, die Scheuerleisten diesmal mit dauerelastischer Dicht- und Klebmasse auf MS Polymerbasis zu verkleben und zu verschrauben.Eine 5.5m Leiste ordentlich, ohne Gekleckere, vollflächig beschichten und dann schön in Kontur bringen, war angesichts der Temperatur an diesem Tag etwas grenzwertig ... der Pick verliert unter diesen Bedingungen schon nach 10 Minuten an Klebekraft.

Leisten verklebt, verschraubt, verdübelt

42 mal dübel absägen, plan schleifen

Was danach kam, war frustrierend ... all die kleinen Handgriffe die es braucht, damit es wirklich gut wird, schleifen, hier und da noch auffüllen, wieder schleifen, entstauben, undundund ... ich möchte nicht verhehlen, da gab es Tiefpunkte, zumal ich ja auch einen Brotberuf habe, der mich zeitlich stark fordert, und zeitgleich ein weiteres Projekt (davon mehr im nächsten Post) Gestalt annahm. Aus Anfang Mai wurde Ende Mai, aus Ende Mai wurde Anfang Juni ... aber eines Tages kam dann der heiß ersehnte Moment, wo die erste Lackschicht aufgebracht war ... und alle Mühen waren vergessen. Über den Pappelsamen und die paar Insekten, die sich's im feuchten Lack gemütlich gemacht haben, reden wir nicht.

Der letzte Anstrich entstand an einem wunderschönen Morgen, nachdem mich die lieben Vogerln vor dem Haus um ca. 5 Uhr morgens aus dem Bett gebrüllt hatten ... kein Wind, kein Samenflug, keine Insekten ...

FLAME im neuen alten Glanz

da lacht das Eignerherz